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Isaiah Berlin: Isaiah Berlin (1909-1997) war ein Philosoph und Ideenhistoriker. Zu seinen Hauptwerken gehören "Four Essays On Liberty" und "The Hedgehog and the Fox". Berlins Ideen konzentrierten sich auf die politische Theorie und das Wesen der Freiheit. Siehe auch I. Berlin als Autor.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Politische Theorien über Berlin, Isaiah - Lexikon der Argumente

Gaus I 418
Berlin/Politische Philosophie/Weinstein: Das Gute ist für Isaiah Berlin bekanntlich pluralistisch (...). In seinem Fall schließt der Wertepluralismus jedoch eine Systematisierung der Gerechtigkeit aus, weil die Werte so eindeutig unvereinbar sind, was es schwierig macht, Berlins Liberalismus einzuordnen.
>Liberalismus
.
BarryVsBerlin: Berlin ist in letzter Zeit zu einer akademischen Industrie geworden, was Barry dazu veranlasst, Berlins literarischen Nachlassverwalter zu kritisieren, der jedes bisschen Triviales, das Berlin geschrieben hat, so veröffentlicht, als wäre es seriöse Philosophie (vgl. Barry, 2001(1): 7).
Freiheit: Berlins Ruf beruhte zunächst auf seiner Analyse von negativer versus positiver Freiheit, die seither viele Theorien überdeterminiert hat. Berlin verteidigt die negative Freiheit und verurteilt die positive Freiheit als historisch, wenn auch nicht logisch, antiliberal.
>Freiheit/Berlin, >Isaiah Berlin als Autor, >Freiheit.
Für Berlin geht das Problem auf Greens unglückliche Aneignung von Hegel zurück (für Berlins Fehlinterpretation von Green, siehe Simhony, 1991(2)). Aber Berlins Verteidigung der negativen Freiheit, und damit sein Liberalismus, ist insofern problematisch, als je mehr er klärt, was er mit negativer Freiheit meint,
Gaus I 419
desto mehr ähnelt die negative Freiheit der positiven Freiheit. In den ursprünglichen "Zwei Begriffen der Freiheit" von 1958 beispielsweise rekonzeptualisiert Berlin in einer vielbeachteten Fußnote die negative Freiheit.
Frei zu sein bedeutet nicht einfach, Optionen zu haben und zu tun, was man will. Vielmehr scheint das Ausmaß meiner Freiheit davon abzuhängen...
(a) wie viele Möglichkeiten mir offen stehen,
(b) wie leicht oder schwer jede dieser Möglichkeiten zu verwirklichen ist,
(c) wie wichtig in meinem Lebensplan ... diese Möglichkeiten sind,
(d) inwieweit sie durch bewusste menschliche Handlungen geschlossen und geöffnet werden,
(e) welchen Wert nicht bloß der Handelnde, sondern die allgemeine Stimmung der Gesellschaft, in der er lebt, den verschiedenen Möglichkeiten beimißt. (Berlin, 1969(4): 130)
Frei zu sein bedeutet also auch, befähigt zu sein, erstrebenswerte Ziele zu verwirklichen. (Siehe aber Berlins 1969 erschienene Einleitung zu den Vier Aufsätzen über die Freiheit, wo er (b) und (e) auslässt).
Politikwissenschaft/Berlin: In "Politische Urteilskraft" behauptet Berlin unmissverständlich, dass es "keine Naturwissenschaft der Politik" oder "Naturwissenschaft der Ethik" gibt, sondern nur politische Urteilskraft (1996(5): 49, 52). Versuche, die erstere durch die letztere zu ersetzen, können allzu oft in einer Katastrophe enden, vor allem dort, wo Politikwissenschaft und Revolutionstheorie konvergieren. Solchem Theoretisieren mangelt es an "Realitätssinn", wenn man naiv annimmt, Politik sei wissenschaftlich verallgemeinerbar und daher vorhersehbar. Für Berlin ist eine solche wissenschaftliche Einbildung das unglücklichste Erbe der Aufklärung.
>Aufklärung.
Wir können einfach nicht alle wichtigen Konsequenzen der öffentlichen Politik vorhersehen. Gerechtigkeit, ob utilitaristisch, vertragstheoretisch oder sozialistisch, ist in der Praxis immer anfechtbar.
Gray hat kürzlich Berlin verteidigt, indem er zustimmte, dass Freiheit privilegiert werden sollte, weil sie uns erlaubt, unseren Weg zwischen inkommensurablen Werten zu "verhandeln". Negative Freiheit ist besonders wertvoll, weil sie die unvermeidliche radikale Wahl zwischen inkommensurablen Werten "erleichtert" (Gray, 1996(6): 143-4). Für Gray legt Berlins "historistische Wende" nahe, dass es "keine universelle Rechtfertigung für den Liberalismus geben kann und muss". Stattdessen sei Liberalismus "am besten als eine bestimmte Lebensform zu verstehen, die von Menschen mit einem bestimmten Selbstverständnis praktiziert wird und in der die Aktivität der freien Wahl zentral ist" (1996(6): 161).

1. Barry, Brian (2001) 'Isaiah, Israel and tribal realism'. Times Literary Supplement (London), 9 November: 7-8.
2. Simhony, Avital (1991) 'On forcing individuals to be free'. Political Studies, 49: 303-20.
3.Berlin 1958
4. Berlin, Isaiah (1969) Four Essays on Liberty. Oxford: Oxford University Press.
5. Berlin, Isaiah (1996) The Sense of Reality. New York: Farrar, Straus and Giroux.
6. Gray, John (1996) Isaiah Berlin. Princeton, NJ: Princeton University Press.

Weinstein, David 2004. „English Political Theory in the Nineteenth and Twentieth Century“. In: Gaus, Gerald F. & Kukathas, Chandran 2004. Handbook of Political Theory. SAGE Publications

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.
Politische Theorien

Gaus I
Gerald F. Gaus
Chandran Kukathas
Handbook of Political Theory London 2004

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